Schlaflos

Die Sonne war schon lange hinter dem Horizont verschwunden.
Luzie und Sophie lagen eingemummelt in der Lieblingsecke ihrer Wolke.
Sophie hatte ihre Hände unter das Gesicht gelegt und murmelte zufrieden schmatzend vor sich hin. Luzie dagegen warf sich von einer Seite auf die andere, leise schimpfend, weil sie scheinbar keinen Schlaf finden konnte.
Schließlich kam ein Fluch aus ihrem Mund. Sie schlug die Wolkendecke zurück, stand auf und setzte sich auf die gegenüber liegende Seite der Wolke. Doch auch dort konnte sie keine Ruhe finden, erhob sich wieder und lief von links nach rechts vom einen Rand ihrer kleinen Wolke zur anderen, verharrte jeweils einen Moment, schaute zum leuchtenden Mond und den Sternen hinauf, dann zu den langsam weniger werdenden Lichtern der Stadt hinab.
So ging es eine ganze Weile, wobei sie immer leise vor sich hin schimpfte.
„Was schimpfst du denn so?“, fragte Sophie, die davon wach geworden war. „Warum schläfst du denn nicht?“
„Ach, ich weiß nicht. Ich kann nicht einschlafen“ murmelte Luzie.
„Na komm mal her!“, sagte Sophie noch etwas benommen.
Luzie ging zum Wolkenbett zurück und legte sich neben ihre große Schwester, die die Decke über sie beide zog.
„Warum kannst du denn nicht schlafen? Ist es der helle Mond?“, fragte Sophie.
„Ich weiß nicht – nein - ich glaube nicht. Mir ist nur so komisch“ jammerte Luzie in einem herzzerreißenden Tonfall.
„Kleine Schwester“, flüsterte Sophie, „willst du mir nicht erzählen, was dich beschäftigt?“
„Ja, - doch, schon. Weißt du, es war so ein schöner Tag heute. Wir haben so viele tolle Sachen gemacht!“
„Aber warum bist du dann jetzt so traurig?“
Luzie sagte nichts darauf, sondern schaute mit den blitzenden grünen Augen nur auf ihre Decke.
„Bist du traurig, weil der Tag nun vorbei ist?“, fragte Sophie.
„Ja! Wenn ich heute einschlafe, ist dieser Tag endgültig zu Ende. Ich will das nicht!“
„Aber Luzie! Das bedeutet doch nur, dass morgen wieder ein schöner Tag kommen wird. Das ist nun einmal so. Und für alle schönen vergangenen Tage hast du doch deine Erinnerungen. Und es kommen doch noch viele andere schöne Tage! Sicher noch viel schönere als heute!“
„Hmm, vielleicht. Aber irgendwann werde ich aufwachen und groß sein. Dann können wir nicht mehr herumalbern und spielen.“
„Wie kommst du denn darauf?“, fragte Sophie und schüttelte den Kopf.
„Weil die Erwachsenen immer so ernst und streng sind. Sie müssen früh aufstehen und arbeiten. Sicher muss ich später Schutzengel sein und den ganzen Tag auf jemanden aufpassen. Oder irgendwas, was mir gar keinen Spaß macht.“
„Du stehst doch nicht auf und bist erwachsen! Jeden Morgen bist du ein kleines bisschen größer und älter. Weißt du noch, was es dir früher für einen Spaß gemacht hat, meine schönen Wolkenburgen zu zerstampfen? Oder dicke Löcher zu buddeln, in die ich treten musste? Damals fandest du das ganz toll, aber heute magst du halt Tage wie diesen. Und morgen, wenn du wieder aufgewacht bist, wirst du neue Dinge entdecken, die dir Spaß machen. Würdest du denn heute noch gerne meine schönen Wolkenburgen zerstampfen?“
Luzie machte nur noch: „Hmm ...“.
Sie hatte ihre Arme um Sophies Hals geschlungen und ihren Kopf auf ihre Schulter gelegt.
Sophie küsste ihre kleine Schwester auf die Stirn, streichelte ihr Haar und sah noch zu den Sternen hinauf, bis auch sie wieder einschlief.

Dies ist einer der Texte aus dem eBook: "Wolkengeflüster".
Ei ei ei ... Und ja: Man kann es am PC und auf einem eBook-Reader anschauen.
Ihr könnt ja mal schauen: Wolkengeflüster-eBook bei buch.de für NUR 1,99 Euro.

Hier gibts mehr zu sehen ...